Leipzigs größter Vermieter verschickt 9000 Mieterhöhungen

Die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) hat für dieses Jahr deutlich mehr Mieterhöhungen als sonst üblich verschickt. Linken-Politikerin Juliane Nagel fordert einen Mieten-Stopp.

Ungewöhnlich viele Mieterhöhungen hat die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) für das Jahr 2024 vorgesehen. Betroffen sind etwa 9000 Haushalte, bestätigte Unternehmenssprecherin Samira Sachse. „In den meisten Fällen wurden die Ankündigungen schon im vergangenen Herbst verschickt, damit der höhere Satz ab dem 1. Januar 2024 gelten konnte.“ Der Schritt sei nötig, um das „wirtschaftliche Gleichgewicht“ beim größten Vermieter in der Messestadt langfristig zu sichern, sagte sie.

Die LWB verfügt über mehr als 36.700 Wohnungen im Stadtgebiet. Von den aktuellen Anhebungen betroffen sind demnach 24,5 Prozent, also fast jeder vierte Haushalt und damit deutlich mehr als sonst. Bekannt geworden ist dieser Fakt durch Stadträtin Juliane Nagel (Linke). Sie reicht alle Jahre wieder eine Ratsanfrage zu dem Thema ein. Laut den Antworten verschickte das kommunale Unternehmen bisher pro Jahr im Durchschnitt etwa 6000 Mieterhöhungen. „Dabei handelt es sich um Erhöhungen, die ohne Verbesserungen am Wohnstandard vorgenommen werden, weil das steigende Mietniveau nach Mietspiegel dies zulässt“, kritisierte Nagel nun.

Linken-Politikerin fordert Mieten-Stopp

Die Linke-Politikerin forderte erneut einen Mieten-Stopp bei dem städtischen Unternehmen. „Dass die LWB über verschiedene Krisenzeiten (Corona, Inflation, Energiepreissteigerungen) hinweg die Kaltmieten erhöht, ist nicht akzeptabel. Mietspiegel-Mieterhöhungen müssen nicht sein, Wohnungsunternehmen müssen sie nicht vornehmen“, meinte Nagel. „Gerade in Zeiten stetig steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten sollte ein öffentliches Unternehmen Verantwortung zeigen und darauf verzichten.“

Hingegen betonte Sprecherin Sachse, die LWB sei auf zulässige Anhebungen angewiesen, um ihre zahlreichen Verpflichtungen zu erfüllen. Allein 2023 seien die Kosten bei der Bewirtschaftung und Instandhaltung der Häuser um 15 Prozent gestiegen. „Gründe dafür waren vor allem die Inflation, höhere Bau-, Material- und Reparaturpreise.“ Dennoch habe der Leipziger Branchenprimus (mit zehn Prozent Marktanteil) seine durchschnittliche Kaltmiete von 5,73 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2022 nur auf 5,84 Euro im Jahr 2023 angehoben. „Das entsprach einer Erhöhung um 1,9 Prozent. Auch die 5,84 Euro lagen aber immer noch um rund einen Euro unter der durchschnittlichen Kaltmiete in Leipzig, was die Bestandswohnungen betrifft.“

Anstieg meist unter 20 Euro pro Monat

Bei den Anhebungen gehe es pro Haushalt meist um keine hohen Beträge, fuhr die Sprecherin fort. Von den 6356 Erhöhungen für das Jahr 2023 hätten 62 Prozent einen Zuschlag von maximal 20 Euro pro Monat akzeptieren müssen. Bei weiteren 23 Prozent habe die Anhebung maximal 30 Euro pro Monat bedeutet. Die LWB achte sehr darauf, bei dem Thema „mit Augenmaß“ vorzugehen, so Sachse. „Wir orientieren uns selbstverständlich am Leipziger Mietspiegel, den das Sozialamt erstellt hat, ohne dessen Möglichkeiten voll auszuschöpfen.“

Im Durchschnitt sei es bei den Erhöhungen im vergangenen Jahr für die betroffenen Haushalte um 18,50 Euro pro Monat gegangen. Von zunächst 154 Widersprüchen hätten sich inzwischen 150 geklärt. In vier Fällen liefen jedoch Klageverfahren am Amtsgericht. Insgesamt hätten die Mieterhöhungen für 2023 der LWB zusätzliche Einnahmen von reichlich einer Million Euro verschafft. Wenn das Unternehmen darauf verzichtet hätte, würde dieser Betrag nicht nur einmalig fehlen, sondern künftig jedes Jahr, gab Sachse zu bedenken.

CDU verweist auf Leipziger Kolonnadenstraße

Nagels Forderungen nach einem Mieten-Stopp bei der LWB fanden bei den anderen Ratsfraktionen so pauschal keine Unterstützung. „Das ist unrealistisch“, sagte Sabine Heymann (CDU). „Wie soll man dann höhere Handwerker-Rechnungen bezahlen?“ Ein schlechtes Beispiel wären die Häuser an der Kolonnadenstraße – mit sehr niedrigen Mieten, aber umso größerem Reparaturbedarf nicht nur bei den Wasserleitungen. Dass die LWB erst etwa die Hälfte ihrer Plattenbauten energetisch sanieren konnte, habe vor allem einen Grund, sagte Heymann: „Weil diese städtische Gesellschaft lange Zeit tiefrote Zahlen, also Verluste schrieb“, sagte Heymann. „An maßvollen Mietsteigerungen führt deshalb gegenwärtig kein Weg vorbei.“

Letzteres sei auch für die Grünen akzeptabel, wenn soziale Aspekte beachtet werden, so Fraktionschef Tobias Peter. „Insbesondere soll die LWB in hochpreisigen Stadtteilen mietpreisdämpfend wirken, also deutlich unter den Wettbewerbern bleiben.“ Auch müsse in Härtefällen die Tür für Einzellösungen weit offen stehen, um Verdrängung zu vermeiden. Und es dürften keine Wohnungen durch Mieterhöhungen aus jenem Rahmen herausfallen, den das Jobcenter als Kosten der Unterkunft (KdU) für sozial schwache Haushalte übernimmt.

AfD findet Vorschlag populistisch

Laut Udo Bütow (AfD) würde beim Vorschlag eines Mieten-Stopps „der Populismus höher gewichtet als der wirtschaftliche Sachverstand“. Auch andere Vermieter und alle Wohnungsgenossenschaften müssten ihre Ausgaben und Einnahmen im Einklang halten, die Inflation ausgleichen, keine Schuldenberge anhäufen und trotzdem gute Wohnbedingungen gewährleisten. „Solides Wirtschaften ist auch gemeinwohlstiftend“, sagte Bütow.

Anja Feichtinger (SPD) hob hervor, dass die LWB trotz Mieterhöhungen deutlich unter den Preisen privater Hauseigentümer bleibe. „Besonders wichtig ist unserer Fraktion die Verträglichkeit. Es ist gut, dass die LWB ab 2024 in allen Mieterhöhungsschreiben vorsorglich auf ihre Härtefallregelungen hinweist.“ Wer eine Mietanhebung nachweisbar nicht bezahlen kann, für den würden dann individuell andere Lösungen gesucht.

Der SPD schwebe noch ein Zusatz für die Eigentümerziele des kommunalen Unternehmens vor. Demnach könnten Haushalte mit einer Wohnkostenbelastung von mehr als 30 Prozent ihres Einkommens in Zukunft bei der LWB von Mieterhöhungen befreit werden, so Feichtinger. Noch sei offen, ob sich dafür eine Mehrheit im Rat findet. Die durchschnittliche Wohnkostenbelastung in Leipzig liegt seit mehreren Jahren bei 29 Prozent.